Zum Buch:
County-Sheriff Lucian Wing hat es nicht so mit Hektik. Deshalb ist er auch Sheriff in Cardiff geworden, einem verschlafenen Nest in einem Tal voller Wälder, Sümpfe und Wiesen. Allzuviel zu tun gibt es für einen County-Sheriff in solch einer Gegend nicht, und da sein Gehalt keine allzu großen Sprünge zulässt, verdient er sich eben etwas dazu, sozusagen als Gelegenheitsarbeiter. Im Moment ist ihm das ganz recht, denn seit einiger Zeit übernachtet er auf der durchgesessenen Couch in seinem winzigen Büro. Seine Frau, Clemmi, hat ihn vor die Tür gesetzt und lebt jetzt mit Jake zusammen in Sheriff Wings Haus. Jake ist groß, stark und kann maximal bis hundert zählen. Das kann man gewiss nicht von allen behaupten, die in der Gegend um Cardiff leben.
Als eines Tages ein junger Rowdy mit nur einer Hand im Krankenhaus aufwacht, glaubt der Sheriff nicht, dass der Junge die Hand in einer Ballenpresse beim Heumachen verloren hat. Er lügt. Und das schlecht. Nur weiß der Sheriff nicht, wieso und wovor er solche Angst hat. Bei seinen Nachforschungen erfährt er, dass in den letzten Jahren des öfteren junge Männer seltsame Unfälle gehabt und anschließend überhastet und auf Nimmerwiedersehen die Gegend verlassen haben. Kein Mensch konnte sich bisher einen Reim darauf machen. Was mit Sicherheit auch daran lag, dass niemand die Raufbolde und Stänkerer wirklich vermisste.
Wings Nachforschungen treten zunächst auf der Stelle, was nicht allein daran liegt, dass Clemmi und Jake ihm Hörner aufsetzen, dass seine tattrige Mutter dringend einen Platz im Altersheim benötigt, dass sein neuer Deputy sich in ihn verliebt hat oder dass der angeberische Gemeindevorsteher Roark sich plötzlich ein bisschen zu sehr für den Fall zu interessieren scheint. Vielmehr erkennt Wing, dass sein Ansatz ganz falsch war: Nicht die Rowdys sind das Problem. Vielmehr scheint eine größere Macht hinter all dem zu stecken. Und dann wird ein junger Teilzeitkrimineller aufgefunden. Das linke Auge fehlt ihm.
In seinem dritten ins Deutsche übersetzten Roman erwartet den Leser all das, was einen Castle-Freeman-Roman eben ausmacht und was auch bereits den beiden vorhergegangenen Castle-Freeman-Romanen zu ihrem verdient großen Erfolg verholfen hat: Er liest sich ungemein schnell, die Dialoge sind staubtrocken, und es wimmelt nur so von hinterwäldlerischen Existenzen, die allesamt im Grunde sympathische Züge aufweisen und die letztendlich nur an sich selbst scheitern. Rund zweihundert Seiten garantiertes Lesevergnügen.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln