Zum Buch:
Ante legt ab und zu Platten auf im Club. Barbara ist groß und blond. An diesem Abend gibt sie sich seiner Musik hin. Die große junge Frau ist nicht unbedingt Antes Fall, aber die beiden werden ein Paar, bekommen Kinder, ziehen aus Wien hinaus aufs Land. Sie lieben sich. Ist das Glück? Ein feiner, im Ausloten der Untiefen des Lebens unglaublich präziser Roman, der ein aktuelles Abbild unserer Gesellschaft zeichnet – ohne dabei gnadenlos zynisch zu sein.
Wie schnell nutzt Glück sich ab? Hat man die Chance, das Pulsieren des Lebens auch noch in sich zu spüren, wenn dieser Puls mit einem selbst älter geworden ist? Antes Vater überlebt zu Beginn des Romans einen Herzinfarkt. Der Überfall von ein paar Hooligans bei einer Reise mit Ante ein paar Jahre später aber raubt ihm seine Lebensenergie, sein Interesse an der Welt und den Seinen, er ist nur noch körperlich anwesend. Sind wir das – mit und ohne Grund – nicht allzu oft, überhaupt nicht anwesend im eigenen Leben?
Ante weiß, dass Barbara in der Lage ist, Grenzen zu überschreiten, auch die Grenze des Lebens selbst, wenn sie sich endlich wieder einmal spüren will. Als Model hat sie angefangen zu fotografieren, um andere Bilder von sich zu sehen als die, die die Designer sehen wollten. Als sie mit dem dritten Kind im Bauch in Lebensgefahr gerät, zeigt ihr letztes Bild sie selbst im Kopfstand in einem Türrahmen. Könnte es sein, dass Antes und Barbaras gemeinsames Glück abgelaufen ist, von heute auf morgen?
Innenleben und Außenwelt der Figuren, Sprache und das durch die Sprache ins Leben Gerufene sind in diesem zweiten Roman von Angelika Reitzer so schlüssig und kunstvoll und gleichzeitig schlicht aufeinander bezogen wie Sujet, Licht und Ausschnitt einer Fotografie, die mit ihrer stillen Vollkommenheit auf den ersten und jeden weiteren Blick viele Welten erschließt. Einfach so.
Susanne Rikl, München