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Entkommen

Autor
Groß, Joshua

Entkommen

Beschreibung

Ton und Themen von Joshua Groß dürften den meisten von seinem ersten Roman Flexen in Miami (2020) und der Anthologie Mindstate Malibu (2018 als Mitherausgeber) her bekannt sein. Auch Entkommen führt uns zu den zwischen utopisch und dystopisch schillernden Stränden des Spätkapitalismus; der Pop-Roman ist unweigerlich in der umfassenden Digitalisierung angekommen. Joshua Groß legt hier eine Sammlung kürzerer Texte aus den Jahren 2017 bis 2020 vor, die einen Blick in den ästhetischen Material- und poetischen Werkzeugkasten des Autors erlauben.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Matthes & Seitz Berlin, 2021
Seiten
272
Format
Gebunden
ISBN/EAN
978-3-95757-940-9
Preis
22,00 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Joshua Groß, 1989 in Grünsberg geboren, studierte Politikwissenschaft, Ökonomie und Ethik der Textkulturen. 2018 war er zu den Tagen der deutschsprachigen Literatur nach Klagenfurt eingeladen und 2019 erhielt er den Anna Seghers-Preis.

Zum Buch:

Ton und Themen von Joshua Groß dürften den meisten von seinem ersten Roman Flexen in Miami (2020) und der Anthologie Mindstate Malibu (2018 als Mitherausgeber) her bekannt sein: postironische Symbiose mit Konsumgütern, neo-romantische Sinnsuche und der im Titel anklingende Eskapismus. Entkommen führt uns zu den zwischen utopisch und dystopisch schillernden Stränden des Spätkapitalismus; der Pop-Roman ist unweigerlich in der umfassenden Digitalisierung angekommen. Joshua Groß legt hier eine Sammlung kürzerer Texte aus den Jahren 2017 bis 2020 vor, die einen Blick in den ästhetischen Material- und poetischen Werkzeugkasten des Autors erlauben.

Textsammlungen inhaltlich vorzustellen ist auch dann nicht einfach, wenn ihnen nicht, wie es bei den Erzählungen von Joshua Groß der Fall ist, eine stete Jenseitigkeit anzuhaften scheint. In der ersten Erzählung folgt der Erzähler, zuerst digital, dann aber auch physisch, einem Mann, der sich zunehmend in seiner Wrestling-Persona als Alchemist Teaz verwirklicht, in ein fiktives Land. Dort herrscht der Ausnahmezustand, der sich nach Bürgerkrieg anhört, sich aber dann nur als mehr oder weniger verbindliche Freizeitbeschäftigung realisiert. Bei Groß erscheinen alle Umstände immer im Rahmen einer grundlegenden erzählerischen Unaufgeregtheit, die den ansonsten riesigen und grellen Bildern guttut.

In den meiner Meinung nach besten Texten des Bandes geht es aber auch allgemein ruhiger zu: das Highlight des Bandes stellen die beiden im Pandemiejahr 2020 verfassten Texte dar – teilweise unter der Überschrift real talk, was vor dem lockdown passiert ist. Mit jeweils knapp 50 Seiten gehören sie auch zu den längsten Texten des Bandes. Der erste folgt zwei Freund*innen auf einem Roadtrip, der sie durch Italien genauso wie in die fränkische Heimat führt und der mit Recht als trippy bezeichnet werden kann. Jedoch erhält die schlingernd-schillernde Außenwelt hier in der zärtlichen und seltsam synchronen Zuneigung der Freund*innen ein narratives Gegengewicht. Diesen neo-romantischen Zug vertieft Groß in der zweiten Erzählung noch, welche in einer Welt spielt, in der symbiotische Verbindungen der Wahrnehmungswelten zwischen Menschen und Tieren Realität werden.

Was in der Zusammenfassung leicht überfordernd klingen kann, ist in den Texten selbst auf eine Weise erzählerisch eingebettet, die von den Leser*innen zwar die Bereitschaft verlangt, sich auf das Gedankenexperiment einzulassen, aber auf der Ebene der Verständlichkeit keine eigene Herausforderung darstellt. Bei aller Bewunderung, die die Figuren in Entkommen dem Autor Thomas Pynchon entgegenbringen, bleiben Groß’ Texte bewusst leicht lesbar.

Theresa Mayer, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt